Emils Krankenblatt

Vorgeschichte
Emil war schon immer ein sehr schlanker Vogel. Ab Juni 2002 hatten vier Monate lang ein Baugerüst mit Bauplane und mit Plastikfolie verklebte Fenster, so dass fast kein Tageslicht ins Vogelzimmer gelangen konnte. Emils Schnabel fing an zu splittern, blutete und wurde auch sehr lang. Im August war ich mit ihm bei der Tierärztin und sie stellte beim Kürzen des Schnabels fest, dass dieser auch noch sehr weich war. Beim Abschneiden splitterte er. Emil hatte einen sehr hohen Bedarf an Mineralien und fraß fast unentwegt am Mineralstein. Er hatte immer eine Art Heißhunger und meldete sich als erstes, wenn der Napf leer war. Im Jahre 2001 war ich mit Emil wegen seines ewigen Hungers und dem nicht dicker werden beim Tierarzt und wir konnten ihn mit einer Bird-Bene-Bac-Kur wieder aufpäppeln.

Symptome
Ende Oktober 2002:
  • Emil war aufgeplustert
  • hatte einen starren Blick
  • fraß noch mehr als sonst
  • war extrem mager
  • hatte unverdaute, ganze Körner im Kot
12. November 2002:
Hier sieht man, wie aufgeplustert Emil ist, seine Augen sind ganz klein und er wog bei diesem Bild 32 Gramm.
Erste Maßnahme:
Zu dem Grünfutter noch Vitamintropfen ins Wasser. Nach 2 Wochen besserte sich der Schnabel. Ich habe noch eine "Bird-Lamp" gekauft, die UV-Licht abgibt.

Die Tierärztin vermutete weniger GLS als eine Dysfunktion der Bauchspeicheldrüse, da Emil eigentlich nicht alle Symptome für GLS zeigte.
Emil bekam von der Tierärztin:

  1. eine Antibiotikum-Kur über drei Wochen einmal wöchentlich eine Spritze
  2. Bird-Bene-Bac Pulver, (davon weniger als eine Msp. über das gequollene Futter)
  3. Enzyme zum Verdauen (Takenzym, zermörsert und über das feuchte Futter)
  4. ein Mittel gegen Sodbrennen (z.B. Riopan Gel) aber in Pulverform, ebenfalls über das Futter
  5. Vitamine fürs Trinkwasser. Es ist sehr wichtig, dass viele Vitamine ins Trinkwasser gegeben werden, wenn ein Vogel Antibiotika bekommt, denn diese entziehen dem Tier die Vitamine.
  6. leichten Pfefferminztee, angereichert mit etwas Traubenzucker und einem Multivitaminpräparat "Vitacombex®V
  7. Bay-o-Pet Ergänzungsfutter, davon weniger als eine Msp. über das gequollene Futter
    Erste Woche:
    Der Verdacht auf GLS lag nahe, da Emil sehr mager war und ganze Körner ausschied, trotzdem bekam ich den Auftrag, ihn mit Traubenzucker zu stärken, auch wenn Traubenzucker die Anzahl der Megabakterien steigen läßt. Wichtig war, dass Emil zunimmt und zwar schnell! Emil sollte alleine gehalten werden, damit er in Ruhe seine Medizin bekommt und ich auch einen Überblick behalten konnte, was er frisst. Leider ging das nicht gut, denn er ist zwei Mal aus dem Krankenkäfig ausgebrochen. Einmal in der Küche, wo er die anderen nicht hören konnte und einmal im Vogelzimmer, weil er zu den anderen wollte. Somit habe ich entschieden, ihn bei seinen Freunden zu lassen, damit er seine Energie nicht für das Ausbrechen verschwendet und glücklich ist.
    Die längst überfällige Küchenwaage, die aufs Gramm genau wiegt, wurde angeschafft, um über Emils Gewicht Buch zu führen. -- So habe ich Emil gewogen.

    Laborergebnis
    Die über drei Tage gesammelten Kotproben wurden zum Institut für Geflügelkrankheiten am 06. November 2002 eingesandt und am 12. November bekam ich das Erebnis:

    Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden hohe Keimzahlen an Enterobacter cloacae isoliert. Dieser Keim gehört bei Wellensittichen nicht zur natürlichen Darmflora, ist jedoch nicht primär krankmachend. Allerdings ist ein derartiger Befund hinweisend auf eine Dysbakterie.

    Sogenannte Megabakterien waren ebenso wie parasitäre Produkte nicht nachweisbar.

    Anfang November (4.11) kaufte ich eine digitale Küchenwaage, die aufs Gramm genau wiegt. So kann man einen guten Überblick behalten.

    Der Speiseplan:

    • Zum Frühstück gibt es gequollenen Hafer oder geschälte Goldhirse (Haferkörner/Goldhirse über Nacht in Wasser eingeweicht und gut gespült). Der Hafer darf ebenfalls wie Keimfutter nicht länger als eine Stunde (im Sommer sogar nur eine halbe Stunde) im Napf bleiben. Feuchtes Vogelfutter zieht Pilze an.
    • Tagsüber: Pelletfutter (zerstoßen, gemahlen und als ganzes), Haferkörner (normal), Vitakraft Aufzuchtfutter separat im "Leckerli Napf".
    • Am Abend: gequollener Hafer, oder auch Keimfutter mit einer halben Messerspitze Bird-Bene-Bac Pulver (das Pulver ist konzentrierter als das Medikament aus der Tube), danach Pelletfutter (zerstoßen, gemahlen und als ganzes), Haferkörner (normal). Wenn ich vergessen habe, Haferkörner zu quellen, werden auch gerne al dente gekochte Haferkörner angenommen, allerdings sind diese dann sehr vitaminarm.
    • Ins Trinkwasser: Auf 100ml Wasser gebe ich 10 Tropfen eines Vitaminpräparats, eine halbe Messerspitze Bird-Bene-Bac Pulver, eine halbe Messerspitze des Magenmedikaments (Pulverform), 6 Tropfen SC 10 (gegen Kropfentzündung, Schleimhautentzündung), etwas Traubenzucker. Seit dem 09.11.2002 bekommen die Voegel Angurate-Tee, das ist ein Tee, der gegen Magenschleimhautentzündung und Magenbeschwerden hilft. 50 ml Angurate-Tee, 50 ml Wasser, 3 EL Thymian-Tee.

    Zweite bis vierte Woche
    Emil hatte starke Gewichtsschwankungen von 32 bis 37 Gramm. Ab der dritten Woche stabilisierte sich das Gewicht um 33 Gramm das war mir lieber, da dieses Gewicht stabil gehalten werden konnte, als dieses Auf und Ab. Er bekam weiterhin dieselben Medikamente; Bird-Bene-Bac ist gegen die Dysbakterie im Darm, die Enzyme helfen ihm beim Verdauen.

    Ab der dritten Woche gab es leichten Pfefferminztee mit etwas Multivitaminsaft und Traubenzucker -- sehr lecker :-). Der Pfefferminztee wirkt desinfizierend und wird als Kur über zwei Wochen gegeben. Das Futter blieb dasselbe (gequollene Goldhirse, gequollener Hafer). Tagsüber gab es trockene Haferkörner, zerstoßene Goldhirse, Haferflocken, ganze Goldhirsekörner, Hafergrüze (roh).

    Am 11. November ging es Emil wieder sehr schlecht, er hatte 32 Gramm und wurde geröntgt (ohne Narkose), um festzustellen, ob er einen Tumor hat. Das Ergebnis war sehr erfreulich :-).

    Am 18. November wog Emil vor dem Abendessen 36 Gramm. Er war nicht mehr aufgeplustert, seine Augen waren entspannt. Er bekam seine letzte Antibiotikumspritze.

    Emil wird noch zwei Wochen lang auf "Diät" gehalten und dann wird langsam auf normales Futter umgestellt.

    Update:
    Seit dem Wochenende zum 16./17. November ist der Heißhunger endlich weg. Emil frißt viel ruhiger und langsamer. Sein Augenausdruck ist enstpannt und er ist nicht mehr aufgeplustert. Wenn er etwas plustert, dann sind es seine Bartfedern :-).

    Emils Gewichtstabelle:

    04. 11. 2002 22:00 Uhr 33 Gramm
    05. 11. 2002 9:30 Uhr 34 Gramm
      20:00 Uhr 32 Gramm
    06. 11. 2002 9:00 Uhr 33 Gramm
      19:30 Uhr 34 Gramm
    07. 11. 2002 8:30 Uhr 36 Gramm
    vor dem Abendkeimfutter 21:37 Uhr 35 Gramm
    nach dem Abendkeimfutter 22:30 Uhr 37 Gramm
    08. 11. 2002 8:30 Uhr 36 Gramm
    kein Appetit auf Keimfutter 19:10 Uhr 34 Gramm
    09. 11. 2002 12:30 Uhr 35 Gramm
    Emil geht es sichtbar schlechter. 18:30 Uhr Für heute kein Wiegen mehr.
    11. 11. 2002 16:30 Uhr 32 Gramm
    12. 11. 2002 8:00 Uhr 35 Gramm
    12. 11. 2002 19:00 Uhr 32 Gramm
    Wiegepause, da ich Emil nicht zu sehr stressen will
    18. 11. 2002 19:00 Uhr 36 Gramm

    Dezember:
    Emils Gewicht hat sich auf 33-35 Gramm eingependelt. Er bekommt morgens und abends noch das gequollene Futter, aber ohne Zusätze. Langsam ist er auch wieder in der Lage, normales Futter zu essen, aber er braucht auf jeden Fall gequollenes, sonst nimmt er wieder ab. Leider hat er sich jetzt auch noch eine Erkältung zugezogen und bekommt mehrmals die Woche ein Dampfbad und danach Rotlicht.

    Februar:
    Emils Schnabel brach immer wieder ab, sobald er etwas nachgewachsen war. Wir sind Anfang Februar umgezogen und die Voegel bekamen ein sehr helles Zimmer mit viel Sonne auf der Südseite.
    Emils Schnabel wurde leider nicht besser, er konnte nur noch gequollene Goldhirse futtern und bekam als Futterzusatz "Amynin", Multivitamine und ab und zu Honig oder Traubenzucker zur Stärkung. Sein Schnabel brach plötzlich fast am Ansatz ab und blutete.

    Er atmete schwer und nahm auch wieder an Gewicht ab. Nach dem er immer mehr abbaute, faßte ich sehr schweren Herzens den Entschluß, ihn zu erlösen. Er sonderte sich auch immer mehr von den anderen ab und ließ sich ohne weiteres aus der Voliere nehmen -- ich wußte, daß er nun auch aufgegeben hat.

    Am 13. Februar 2003 bekam Emil bekam eine Spritze in den Bauch und langsam, ganz langsam schlief er in meiner Hand ein, sein Herzschlag wurde immer schwächer und hörte dann auf.

    Er wird im Frühjahr zu seinen alten Kumpels im Garten beigesetzt.